SAP Customizing und Entwicklung

Von individuellen Berechnungslogiken bis zur Integration externer Systeme: SAP Customizing ermöglicht die Anpassung der SAP-Landschaft an Ihre spezifischen Anforderungen. Dieser Artikel zeigt Ihnen praxisnahe Anwendungsfälle, erklärt wichtige Werkzeuge wie SPRO und ABAP und beleuchtet aktuelle Trends wie die SAP Business Technology Platform (BTP).

Was ist SAP Customizing?

SAP Customizing beschreibt die Anpassung eines SAP-Systems an die individuellen Bedürfnisse eines Unternehmens. Dies umfasst sowohl die Konfiguration innerhalb des Systems als auch Code-Änderungen. Ziel ist die Optimierung von Prozessen, Funktionen und Schnittstellen für eine effizientere Arbeitsweise. Oftmals erfordert dies spezifischen Programmieraufwand oder maßgeschneiderte Implementierungen, um Funktionalitäten hinzuzufügen, die im Standard fehlen. Betroffen sein können alle Module, von Finanzen und Logistik bis hin zum Personalmanagement, inklusive Benutzeroberflächen und Berechtigungen.

What ist SAP ABAP

SAP Customizing vs. SAP Configuration

SAP Configuration nutzt die vordefinierten Optionen des Systems über die grafische Benutzeroberfläche (z. B. Transaktionscode SPRO). Änderungen erfolgen ohne direkten Eingriff in den Quellcode. Beispiele sind die Definition von Unternehmensstrukturen oder die Einrichtung von Berechtigungen. Auch wenn relativ einfach, erfordert die Konfiguration ein umfassendes Verständnis des Systems.

SAP Customizing geht hingegen über die Konfiguration hinaus und beinhaltet Code-Anpassungen oder die Implementierung von Erweiterungen. Dies erfordert Programmierkenntnisse (meist ABAP) und umfasst die Entwicklung individueller Lösungen (z. B. User-Exits, Z-Programme) für Funktionen, die im Standard nicht verfügbar sind.

Praxisnahe Anwendungsfälle:

Die Notwendigkeit von SAP Customizing ergibt sich aus der Vielfältigkeit unternehmerischer Prozesse. Beispiele hierfür sind:

  • Individuelle Berechnungslogiken: Anpassung von Preisfindungsregeln im Vertrieb oder der Kalkulation im Rechnungswesen.
  • Spezifische Workflow-Prozesse: Gestaltung individueller Genehmigungsworkflows für Bestellungen oder Reiseanträge.
  • Integration externer Systeme: Anbindung von Drittanbieter-Software an das SAP-System.
  • Anpassung von Benutzeroberflächen: Erstellung benutzerdefinierter Masken für eine verbesserte Benutzerfreundlichkeit.
  • Branchen-spezifische Erweiterungen: Implementierung von Funktionen, die den Besonderheiten einer bestimmten Branche entsprechen.

Werkzeuge und Techniken in SAP Entwicklung

Neben der Konfiguration über die Benutzeroberfläche stehen verschiedene technische Möglichkeiten zur Verfügung, um spezifische Anpassungen vorzunehmen. Diese reichen von systemseitigen Einstellungen bis hin zu individuellen Entwicklungen in ABAP.

SPRO – Der zentrale Einstiegspunkt ins Customizing

Die Transaktion SPRO (SAP Project Reference Object) ist das Hauptwerkzeug für Customizing-Einstellungen im SAP-System. Über eine strukturierte Benutzeroberfläche lassen sich verschiedene Module konfigurieren, um Geschäftsprozesse an die Anforderungen des Unternehmens anzupassen.

Änderungen, die hier vorgenommen werden, betreffen in erster Linie das Systemverhalten und können unter anderem Einfluss auf Buchhaltungsprozesse, Materialwirtschaft oder den Vertrieb nehmen. Anpassungen im SPRO werden über das Transportmanagementsystem (TMS) in verschiedene Systemlandschaften übertragen, um sie sicher und kontrolliert auszurollen.

Während SPRO für viele Standardanpassungen ausreicht, erfordert eine tiefere Individualisierung oft zusätzliche Eingriffe, etwa durch User-Exits, Modifikationen oder eigene Programme.

User-Exits

User-Exits sind spezielle Erweiterungspunkte im SAP-System, die es ermöglichen, individuelle Anpassungen vorzunehmen, ohne den Standardcode zu ändern. Sie werden über die SAP-Entwicklungsumgebung genutzt und können kundenspezifische Logiken in bestehende Abläufe integrieren.

Ein häufiger Anwendungsfall ist die Erweiterung der Preisfindung im Vertrieb (SD) oder das Hinzufügen von zusätzlichen Validierungen in der Materialwirtschaft (MM). Da User-Exits gezielt an definierten Stellen im System implementiert werden, bleibt der SAP-Standard weitgehend unangetastet, wodurch Updates und Support erleichtert werden.

Modifikationen

Modifikationen greifen direkt in den SAP-Standardcode ein und sind daher eine tiefgreifende Form der Anpassung. Änderungen an SAP-Objekten erfordern eine Genehmigung von SAP in Form eines Objektschlüssels.

Diese Methode wird in der Regel nur dann verwendet, wenn sich eine gewünschte Anpassung nicht durch Customizing, User-Exits oder Business Add-Ins umsetzen lässt. Der größte Nachteil von Modifikationen liegt in ihrer Update-Problematik: Änderungen müssen nach jedem SAP-Upgrade geprüft und möglicherweise erneut implementiert werden.

Z-Programme

Falls sich eine benötigte Funktion weder über Customizing noch über Erweiterungstechniken realisieren lässt, besteht die Möglichkeit, ein eigenes Z- oder Y-Programm zu entwickeln. Diese Programme werden im kundeneigenen Namensraum erstellt und erweitern die Standardfunktionalität des SAP-Systems.

Da Eigenentwicklungen nicht direkt in den Standardcode eingreifen, sind sie wartungsfreundlicher als Modifikationen. Allerdings müssen sie sorgfältig gepflegt werden, um nach Systemupdates weiterhin korrekt zu funktionieren.

ABAP und seine Rolle im Customizing

ABAP ist die zentrale Programmiersprache für Customizing-Anpassungen und Erweiterungen. Sie ermöglicht die Implementierung spezifischer Funktionalitäten, die über die Möglichkeiten des Standard-Customizings hinausgehen – essentiell für User-Exits, Z-Programme und weitere individuelle Anpassungen. ABAP ermöglicht die volle Nutzung des SAP-Systempotentials.

SAP Transport Management: Sicherer Rollout von Anpassungen

Die Integration von Customizing-Anpassungen in ein SAP-System erfolgt über ein strukturiertes SAP Transport Management in einer mehrstufigen Systemlandschaft. Klassischerweise wird eine 3-System-Landschaft: Entwicklung (DEV), Qualitätssicherung (QAS), Produktion (PRD) eingesetzt. Änderungen werden in DEV entwickelt, in QAS getestet und anschließend nach erfolgreicher Prüfung in PRD produktiv gesetzt.

Komplexere Umgebungen nutzen oft eine 5-System-Landschaft mit zusätzlichen Entwicklungs- und Qualitätssicherungsstufen für eine noch gründlichere Prüfung. Dies ist besonders wichtig in großen Systemen, wo Fehler weitreichende Folgen haben können.

SAP Transport Management

Der Prozess beginnt mit der ABAP-Entwicklung im DEV-System. Nach erfolgreicher Entwicklung werden die Anpassungen in das Qualitätssicherungssystem übertragen. Dadurch können die neuen Funktionen unter realistischen Bedingungen getestet werden, um sicherzustellen, dass sie den Anforderungen entsprechen. Anwender sollten in die Qualitätssicherungsphase einbezogen werden, um alle relevanten Nutzungsszenarien abzudecken und mögliche Probleme frühzeitig zu identifizieren.

SAP Transporte einfach automatisieren

REALTECH SmartChange automatisiert das SAP Software Deployment in komplexen SAP-Landschaften. Es hilft dabei, SAP Transportaufträge einfach, schnell und ohne Risiko vom Entwicklungssystem in die Zielsysteme zu importieren.

Die SAP BTP erweitert Customizing-Prozesse durch Cloud-Technologien. Flexible Erweiterungsmöglichkeiten und Low-Code/No-Code-Ansätze ermöglichen schnellere Anpassungen. Hybride Szenarien verbinden lokale SAP-Systeme mit cloudbasierten Diensten, wodurch Customizing effizienter und skalierbarer wird.

BTP ermöglicht die Entwicklung hybrider Szenarien, die lokale SAP-Systeme nahtlos mit cloudbasierten Diensten verbinden. Unternehmen können so ihre bestehenden On-Premise-Systeme modernisieren und gleichzeitig von der Skalierbarkeit und Flexibilität der Cloud profitieren. Dies führt zu einem effizienteren Customizing-Prozess, der sich an verändernde Geschäftsanforderungen schneller anpassen kann. Zusätzlich bietet BTP Zugriff auf eine Vielzahl von vorgefertigten Services und APIs, die die Entwicklung von individuellen Lösungen beschleunigen und vereinfachen. Durch die Integration von KI- und Machine-Learning-Funktionen werden neue Möglichkeiten zur Prozessautomatisierung und -optimierung geschaffen, was die Effizienz des Customizing weiter steigert.

FAQs: SAP Customizing und Entwicklung

SAP Customizing umfasst die Anpassung des SAP-Systems an die spezifischen Bedürfnisse eines Unternehmens. Dies beinhaltet sowohl Konfigurationen über die Benutzeroberfläche als auch Code-Anpassungen (z. B. mit ABAP). Ziel ist die Optimierung von Geschäftsprozessen.

Configuration nutzt die vordefinierten Optionen des SAP-Systems ohne Code-Änderungen. Customizing hingegen umfasst auch Code-Anpassungen und -Erweiterungen, um Funktionen zu implementieren, die im Standard nicht vorhanden sind.

In SAP dient ein Customizing Request der Dokumentation und Verwaltung von Änderungen an der Systemkonfiguration. Er fungiert als Container für alle notwendigen Informationen zu einer Anpassung, einschließlich Beschreibung, betroffener Bereiche und verantwortlicher Personen. Dies ermöglicht eine strukturierte Vorgehensweise, vereinfacht das Transport Management zwischen verschiedenen Systemlandschaften (z.B. Entwicklung, Test, Produktiv) und unterstützt die Nachvollziehbarkeit von Änderungen.